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Die Initiative »A Soul for Europe« ist das Thema des Beitrages von Volker Hassemer und Bernhard Schneider. Sie sehen sie als einen der Ansätze, um ein Europa von unten zu bauen, das aktiv seine kulturellen Unterschiede mit einem gemeinsamen europäischen Bewusstsein verbindet.

Die Initiative Pulse of Europe hat eindrucksvoll vor Augen geführt, dass Europa uns alle angeht. Die Europäische Union braucht mehr »Europa von unten«. Wir müssen die Arbeit für Europa vom Kopf auf die Füße stellen. Wir brauchen ein Europa, dessen Bürger*innen nicht als Konsumenten, sondern als mitverantwortliche Produzenten des europäischen Projekts agieren. Gern verweisen Abgeordnete und Regierungsmitglieder darauf, dass sie für ihre jeweilige Klientel »in Brüssel« etwas herausgeschlagen haben. So macht man aus Bürgern Konsumenten der »Ware« Europa. Damit Europäerinnen und Europäer dieses Projekt als ihr Eigentum wahrnehmen und annehmen können, muss es zu ihnen zurückkehren.

Die Eigentümer Europas, seine Basis, sind seine Bürger*innen in den Städten und Regionen. Aus diesen Stadtgesellschaften entstand und entsteht die Europäische Gemeinschaft lange vor den Nationalstaaten, die die lokalen Wurzeln heute überdecken.

Das Ziel der zivilgesellschaftlichen Initiative »A Soul for Europe« ist, die konstitutive Rolle der Bürger*innen und der Stadtgesellschaften in den Blick zu rücken und die Verantwortung dieser europäischen Basis für die Entwicklung Europas zu klären und zu stärken; zu zeigen, wie in vielen der kommunalen Aufgaben die Städte zum Gelingen Europas beitragen (oder eben auch nicht).

Es geht uns darum, die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung des Dezentralen, des nicht immer im Zentrum Stehenden zu richten. Es geht uns darum, die – nicht immer bequeme und teilweise kontroverse – Vielfalt in der Einheit Europas als Reichtum und Energiequelle sichtbar zu machen. Bei all dem setzen wir insbesondere auf die Potenziale der Kultur.

Die Kultur Europas ist zu Hause in den Städten und Regionen. Und bei den Menschen, den Europäer*innen, die dort leben. Wer in einer Stadt oder Region mit Kultur zu tun hat, ob als Bürger oder Amtsträger, nimmt also eine europäische Aufgabe wahr. Ob er es weiß oder nicht, er ist ein Akteur des Europas von unten. Er muss sich mehr als bisher bewusst machen, dass er in dieser Verantwortung handelt.

Es ist die Idee von Europa, die uns treibt. Es ist aber auch der Zorn über die Leichtfertigkeit, mit der Europa heutzutage infrage gestellt und alleingelassen wird.

Es ist eine Frage von Macht und Verantwortung. Und eine Frage der Macht, auf die nur von unten nach oben zu blicken, ermüdet. Wenn ein Europa durch Kultur nicht von der nationalen Ebene transportiert wird, dann sind wir, dann sind die Städte und Regionen in der Pflicht. Denn dort, nicht »in Brüssel«, ist die Kultur Europas zu Hause. Nehmen wir die Dinge selbst in die Hand, sagte Wim Wenders bei unserer Konferenz im letzten Jahr. Nicht um ein paternalistisch so genanntes »Europa für Bürger*innen« geht es, sondern um das »Europa der Bürger*innen«.
Leicht gesagt, schwer getan.

 

Dieser Beitrag ist eine aktualisierte Fassung des Beitrags »Die Aufgabe – Ein Europa von unten«, zuerst erschienen in BBE Europa-Nachrichten 12/2017.
Autoren:
Volker Hassemer ist Mitbegründer der Initiative »A Soul for Europe« und Vorstandsvorsitzen-der »A Soul for Europe« E.E.I.G. Seit 2003 ist er Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin.
Bernhard Schneider ist zuständig für die inhaltliche Koordination der Initiative »A Soul for Europe«. Er ist Architekt, Planer und Publizist.