Dorothee Bär © Dorothee Bär

Ehrenamtliches Engagement war, ist und bleibt eine Säule unseres Zusammenlebens. Dorothee Bär beschreibt in ihrem Beitrag, warum dieser persönliche Einsatz nicht weniger, sondern besonders wichtig ist in einer Gesellschaft der digitalen Transformation und des technologischen Fortschritts.

Neue Wege für alte Grundsätze
Die Digitalisierung als Assistenz für gute Taten und ehrenamtliches Engagement

Es gibt Fragen, die stellt man immer wieder. Nicht, weil man sich die Antwort nicht merken kann, sondern weil sich zwar die Frage selbst nicht verändert, wohl aber der Kontext, in der sie gestellt wird.

Und so müssen etwa Überzeugungen, Grundwerte und Codices immer dann überprüft und angepasst werden, wenn sich in ihrer Umgebung etwas grundsätzlich neues ergibt.

Wenn ein Gelände neue Formen annimmt und Gegebenheiten sich ändern, wird eine veraltete Landkarte unbrauchbar. Sie ist deshalb nicht vollkommen falsch, bietet aber eben keine angemessen hilfreiche Orientierung mehr.

Eine jener Fragen, die man sich immer wieder stellen muss ist folgende: “Was macht unsere Gesellschaft aus?”. Damit verbunden also: Was ist uns wichtig? Was führt dazu, dass unser Zusammenleben mit unseren Mitmenschen ein gutes ist?

Und auch, wenn viele Komponenten eine Rolle spielen, dass eine Gesellschaft gut “funktioniert”, dass Menschen glücklich und zufrieden sind mit sich selbst und ihrer Umwelt, so ist es doch das Füreinander-Einstehen, dass eine ganz wesentliche Rolle spielt, vielleicht den zentralen Grundsatz darstellt für alles, was unser Sozialverhalten ausmacht.

Im November 2005 erschien in einer Ausgabe der National Geographic eine Titelgeschichte von dem Wissenschaftler Dan Buettner über die sogenannten “Blue Zones”. Das sind die Gegenden der Erde, in denen die Menschen eine deutlich höhere Lebenserwartung haben, als auf dem Rest unseres Planeten. Er untersuchte die Ursachen für dieses Phänomen und für die Tatsache, dass die Menschen in diesen “Blue Zones” überdurchschnittlich zufrieden mit ihrem Leben zu sein scheinen.

Neben einem gesunden Lebensstil ist die wichtigste Komponente ein hoher Grad an sozialem Engagement über alle Altersschichten hinweg.

Das zeigt: Etwas für andere Menschen zu tun, bedeutet immer auch, etwas für sich selbst zu tun. Andere Menschen glücklicher zu machen, macht einen selbst glücklicher. Altruismus und Egoismus sind also nicht unbedingt Antagonisten, auch wenn die Ich-Bezogenheit natürlich nicht die Hauptmotivation für den Einsatz zum Wohl der Allgemeinheit darstellen sollte.

Es wird aber deutlich: Auch wenn die Gesellschaft sich in großen Teilen durch den technologischen Fortschritt verändert, denken wir beispielsweise an die Kommunikation, die Individualisierungsmechanismen, die Entwicklung von Arbeit oder die Art und Weise, wie wir unseren Alltag organisieren: Soziales Engagement, die Arbeit für etwas, das einem am Herzen liegt, der persönliche Einsatz für etwas, das außerhalb der eigenen Persönlichkeit steht, bleibt ein Grundpfeiler unseres Lebens - auch und gerade in einer hoch-modernen und sich immer schneller entwickelnden Welt.

Und das Spannende ist doch: Die Werte bleiben gleich, die Absichten bleiben dieselben - aber die Mittel, die helfen, diesen Werten zu entsprechen, werden mehr, der Werkzeugkasten, der hilft, den Absichten zu entsprechen, wird größer durch digitale Innovationen und Entwicklungen.

Neue Kommunikationskanäle eröffnen breitere Beteiligungswege, Kooperationsplattformen schaffen Zugänge für Menschen, die aus meist sehr persönlichen Gründen bisher wenig Chancen sahen, sich zu engagieren und sich mit ihren Fähigkeiten für andere einzubringen.

Und technologische Hilfsmittel erleichtern schließlich Prozesse der Organisation und schaffen Assistenzmöglichkeiten für Tätigkeiten, die früher nur mit einem schwer zu bewältigendem Aufwand ausgeführt werden konnten.

Es ist wichtig, diese neuen Möglichkeiten auszuschöpfen, die Chancen zu nutzen, die sich einem bieten. Denn Fortschritt ist immer dann am besten, wenn er möglichst vielen Menschen zugute kommt.

Letztendlich gilt auch in unserer modernen und technologisch komplexen Welt ein ganz einfacher Grundsatz: Auch eine technisch hoch- und höchstentwickelte Gesellschaft ist nur so gut, wie ihre Menschen zueinander.

 

Autorin:
Dorothee Bär - MdB, Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung