Eine schwarz-weiß-Fotografie einer Frau. Sie sitzt an einem Schreibtisch vor einem Computer und schaut in die Kamera.

Portrait Kateřina Danyiová ©Chad Wyatt

Sinti*zze und Roma*nja sollten ihre Herkunft und Identität offen und frei zeigen können. Das können sie aber nur, wenn Gesetze sie schützen und alle Menschen sie anerkennen und respektieren. Und wir brauchen mutige Sinti*zze und Roma*nja, die sich zeigen und so anderen Sinti*zze und Roma*nja ein Vorbild sein können.

Sinti*zze und Roma*nja reden selten über ihre Herkunft, ihre Namen und ihre Identität. Denn oft erleben sie deswegen Rassismus und Diskriminierung. Damit sich das ändert, brauchen wir erfolgreiche Vorbilder von Sinti*zze und Roma*nja, aber auch die Unterstützung aller Menschen. Denn nur wenn unsere Gesellschaft offener wird und alle Menschen gleich behandelt, haben auch alle Menschen die gleichen Chancen.

Sinti*zze und Roma*nja erleben in ganz Europa tief verwurzelten Anti-Ziganismus. Anti-Ziganismus ist Rassismus gegenüber Sinti*zze und Roma*nja. Durch die vielen Vorurteile, die Ausgrenzung und Diskriminierung ist es für Sinti*zze und Roma*nja schwer, sich als gleichberechtigte Menschen in der Gesellschaft zu beteiligen. Politiker*innen denken oft, das Problem ist allein die Armut. Doch das stimmt nicht. Durch Anti-Ziganismus ist es für Sinti*zze und Roma*nja schwer, einen guten Job oder eine Wohnung zu bekommen. Auch in der Schule erleben Sinti*zze und Roma*nja, dass sie anders behandelt werden. Und ohne eine gute Schulbildung, einen guten Job und eine gute Wohnung ist es dann wirklich schwer im Leben. Oft hören Sinti*zze und Roma*nja dann auch noch, dass sie selbst Schuld sind an ihrer schlechten Lage. Also verschweigen Sinti*zze und Roma*nja ihre Herkunft oft, um bessere Möglichkeiten in der Schule, im Job oder bei der Wohnungssuche zu bekommen. In einer offenen und inklusiven Gesellschaft darf das nicht die Lösung sein.   

Anti-Ziganismus gemeinsam bekämpfen

Damit Sinti*zze und Roma*nja ein ganz selbstverständlicher Teil der Gesellschaft werden können, müssen wir alle etwas tun. Wir brauchen erfolgreiche Vorbilder: zum Beispiel Professor*innen, Politiker*innen, Sportler*innen, Firmengründer*innen, die offen über ihre Herkunft als Sinti*zze und Roma*nja reden. Sie können zeigen, dass die viele Vorurteile nicht stimmen. Das kann auch dazu führen, dass mehr Sinti*zze und Roma*nja sich trauen, über ihre Herkunft zu sprechen. Und je mehr Sinti*zze und Roma*nja sichtbar werden, desto schneller sind sie ein ganz selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft.

Wichtig ist auch die Anerkennung der Sinti*zze und Roma*nja als Teil der deutschen Bevölkerung: 1998 wurden die Sinti*zze und Roma*nja als nationale Minderheit in Deutschland von der deutschen Bundesregierung anerkannt. Zur Anerkennung gehört auch die Erinnerung an die Verbrechen im Nationalsozialismus. Mit einem Denkmal in Berlin gedenken wir der 500.000 Sinti*zze und Roma*nja, die im von den Nazis besetzten Europa ermordet wurden. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma setzte sich für diese Anerkennung und das Denkmal ein. Noch wichtiger war, dass uns Menschen aus der Gesellschaft und aus der Politik von Anfang an dabei unterstützt haben.

Auch wenn seit dem Beginn der Bürgerrechtsarbeit in Deutschland politisch viel erreicht wurde, so gibt es noch immer Rahmenbedingungen, die für eine gleichberechtigte Teilhabe der Sinti*zze und Roma*nja ausgebaut werden müssen.

In Deutschland gibt es vier nationale Minderheiten. Neben den Sinti*zze und Roma*nja sind das die Dänen, die Friesen und die Sorben. Der Schutz und die Förderung dieser vier nationalen Minderheiten Deutschlands ist bis jetzt noch nicht in den Landesverfassungen aller Bundesländer verankert. Der Zentralrat fordert die Aufnahme der nationalen Minderheiten ins Grundgesetz der Bundesrepublik.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert auch, dass Sinti*zze und Roma*nja in Rundfunkräten und Landesmedienanstalten mitentscheiden können. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist diese Forderung schon umgesetzt worden.


Autor:

Thomas Baumann ist Politischer Referent beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma e.V.