Ein goldgelbes Weizenfeld

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Nachhaltigkeit ist im Lauf der letzten Jahrzehnte zu einem gesellschaftlichen Leitbegriff geworden. Dies ist ganz wesentlich ein Verdienst der aktiven Bürgergesellschaft und des bürgerschaftlichen Engagements in Sachen Umweltschutz. Trotz des pessimistischen Beigeschmacks, der die Nachhaltigkeitsdebatte oft prägt, lautet die Botschaft heute: Wir sind die erste Generation, die mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz ernst macht!

Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Er besagt im Grunde, dass man in einem Wald nur so viele Bäume fällen darf, wie gleichzeitig nachwachsen können. Wenn man diese Regel beachtet, ist alles gut. Andernfalls wird der Wald immer kleiner und ist irgendwann zerstört.

Die Bedeutung des Wortes Nachhaltigkeit ist heute leider sehr verwässert, weil es oft ganz trivial im Sinne von „dauerhaft“ oder „stetig“ verwendet oder damit verwechselt wird. Dennoch ist die Idee von Nachhaltigkeit so aktuell wie eh und je. Sie lässt sich auf die ganze Art und Weise der Produktion und des Konsums in einer modernen Gesellschaft übertragen. Eine nachhaltige Gesellschaft wäre demnach eine, die der Natur nur so viel entnimmt, wie gleichzeitig neu entstehen kann. Nachhaltigkeit bedeutet also, dass der intensive Raubbau an der Natur, der vor allem seit der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert betrieben wurde (und wird), beendet werden muss, wenn auch in der Zukunft ein gutes Leben auf der Erde möglich sein soll.

Um diese Vorgabe, die heute jedes Kind kennt, gibt es natürlich viel demokratischen Streit. Umstritten ist eigentlich nicht mehr, dass wir neue Wege des Wirtschaftens, Produzierens und Konsumierens brauchen. Spätestens seit der Verkündung von 17 Zielen für nachhaltiges Handeln (Sustainable Development Goals – SGD) durch die Vereinten Nationen im Jahr 2015 gibt es eine klare Definition, was zu tun ist. Die Diskussionen und Auseinandersetzungen um Nachhaltigkeit drehen sich vor allem um das Wie von Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit kann für technische Lösungen in Sachen umweltfreundlicher Energiegewinnung und Produktion stehen. Hier geht es um die Ablösung fossiler Energieträger durch regenerative Energien. Hier geht es aber auch um die Verwendung alternativer Materialien und Herstellungsverfahren bei der industriellen Produktion. Nachhaltigkeit steht aber ebenso für das Ringen um alternative Lebensweisen und wird dabei gelegentlich zum Gegenstand gesellschaftlicher Kämpfe. Während die einen sich darum bemühen, die Industriegesellschaft im Grunde „normal“, aber eben nachhaltig, weiterlaufen zu lassen, sagen die anderen, dass nur eine radikal veränderte Lebensweise (weniger Konsum, Verzicht etc.) zu einer nachhaltigen Gesellschaft führen kann.

Die Erfahrung lehrt, dass die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo in der Mitte liegt; eine Mitte, die wir noch nicht kennen. Man darf aber heute schon feststellen, dass das Rad kaum mehr zurückgedreht werden kann. Der nachhaltige Umbau ist in vollem Gange, und das schon lange. Seit den Anfängen der modernen Umweltbewegung in den 1960er- und 70er-Jahren ist das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger und heute zu einem Leitbegriff geworden. An dieser Stelle der Geschichte kommt die aktive Bürgergesellschaft ins Spiel. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Nachhaltigkeit nur durch das Engagement von sehr vielen engagierten Menschen zum gesellschaftlichen Leitbegriff werden konnte. Dass heute in Politik und Wirtschaft Nachhaltigkeit großgeschrieben wird (zugegeben oft nur rhetorisch, aber immer häufiger auch im konkreten Handeln), hat seine Ursache im jahrzehntelangen Umweltengagement aus der Mitte der Bürgergesellschaft.

Das ist eine ganz außerordentliche Erfolgsgeschichte. Leider wird diese Geschichte durch einen gewissen katastrophischen Beigeschmack eingetrübt, mit dem insbesondere die Debatte um den Klimaschutz (als wichtigem Teil der Nachhaltigkeitsbewegung) geführt wird. Statt in Kategorien von Weltende und Untergang zu denken, sollte man besser sagen: Wir sind die erste Generation, die mit Nachhaltigkeit ernst macht und an einer sozial-ökologischen Transformation der Gesellschaft arbeitet.

An diesem gewaltigen Prozess beteiligt sich – in aller Bescheidenheit – auch das BBE. Das Programm ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ (großzügig gefördert von der Stiftung Mercator in Essen) hat die Aufgabe, nach Wegen zu einer wirksamen Verankerung des Transformationsgedankens in der Breite der Bürgergesellschaft zu suchen. Zudem zeigt die jährliche Engagementkampagne des BBE mit ihrem Jahresthema Nachhaltigkeit 2024 die Vielfalt des bürgerschaftlichen Engagements in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf.

Die Beiträge des vorliegenden Sonder-Infoletters zur diesjährigen Kampagnenwoche bieten gute Beispiele einer Vielfalt des Engagements für eine nachhaltige Gesellschaft. Dabei geht es um Themen wie nachhaltige Energiegewinnung, nachhaltigen Konsum bzw. nachhaltige Produktion, Nachhaltigkeit in Kommunen und Gemeinden, aber auch um den wichtigen Aspekt einer sozial gerechten Nachhaltigkeit (siehe Interview mit Christoph Butterwegge). Schon diese wenigen Beispiele zeigen die ganze Energie und Kreativität, die unsere Gesellschaft in Sachen Nachhaltigkeit zu mobilisieren in der Lage ist. Good news!

 

Autor: Dr. Serge Embacher leitet in der Geschäftsstelle des BBE das Programm ENGAGIERT FÜR KLIMASCHUTZ. Kontakt: