Philipp Hill steht am Redepult und hält die rechte Hand in die Höhe. Links verschwommen ist die Bühnenkamera im Bild.

Auftakt Woche des bürgerschaftlichen Engagements 2022 (c) Jörg Farys / BBE

Im Rahmen seiner Laudatio für den zukünftigen Engagenent-Botschafter Markus Fleige blickte Philipp Hill zurück auf ein ereignisreiches Jahr als Botschafter für »Engagement und Inklusion« und fand bewegende Worte für das Engagement: Es geht nicht um den wirtschaftlichen Wert des Engagements. Es geht auch nicht um den Profit, sondern es geht um den Nutzen für die Gesellschaft. Und mit Gesellschaft da sind wir alle gemeint. Es geht darum, dass Engagement zugänglicher für alle zu gestalten.

 

Laudatio von Philipp Hill, Engagement-Botschafter für »Engagement und Inklusion« im Rahmen der Auftakt-Veranstaltung der Woche des bürgerschaftlichen Engagements für den zukünftigen Engagement-Botschafter für »Unternehmen und Zivilgesellschaft« Markus Fleige

 

Vielen Dank und herzlich Willkommen an Markus im Projekt »Engagement macht stark!«. Ich fand das Bild aus der Rede vorher schön, wo es um die Wunden ging und das Thema Kooperation. Ich werde jetzt auch ein bisschen was erzählen über Wunden, über Kooperation, über Engagement, aber nicht zuletzt auch über Inklusion.

Denn Inklusion bedeutet für mich, dass wir es uns nicht verdienen müssen, dazu zu gehören. Denn Inklusion ist ein Menschenrecht. Es gilt ohne Bedingung und es gilt ohne Vorleistung und es gilt für Alle. Inklusion bedeutet auch für mich, dass wir uns nicht anpassen müssen, um dazu zu gehören. Dass wir nicht unbedingt schön, schlank, kräftig, groß und auch gebildet sein müssen, um dazu zu gehören. Denn alle Menschen sind unterschiedlich und gleich viel wert und genau das macht die Gesellschaft inklusiv und auch vielfältig.

Und Engagement für Inklusion bedeutet für mich, sich für eine Welt einzusetzen, in der alle Menschen unterschiedlich und gleich viel wert sind. Sich aber auch gleichzeitig gegen Alle und alle Ideen einzusetzen, die behaupten Menschen seien unterschiedlich und ungleich viel wert. Ich finde das sollte selbstverständlich sein. Das ist es aber leider in den meisten Momenten noch nicht. Es gibt aber einige Orte, an denen das schon etwas selbstverständlicher ist und genau das sind auch die Orte für mich und viele Engagierte, wo wir Kraft tanken, wo wir auftanken und wo wir uns einfach noch mal mehr vernetzen können und einer dieser Orte und auch mein absolutes Jahres-Highlight aus einem Jahr » Engagement und Inklusion« ist das Jugendaktionscamp, das die Servicestelle Jugendbeteiligung dieses Jahr und auch schon im Jahr 2019 durchgeführt hat. Dieses Jahr in Prora auf Rügen und es war einfach toll. Es waren mehrere Tage, waren sehr viele unterschiedliche junge Menschen zusammengekommen für Workshops, für politische Diskussionen, um Graffiti Workshops zu machen, um Poetry Slams zu machen, am Lagerfeuer zu sitzen, sich zu vernetzen und auch neue Projekte zu planen. Und was da entstanden ist, ist total faszinierend. Ich hoffe auch wirklich, dass es weiterhin möglich sein wird und die Servicestelle Jugendbeteiligung für dieses Camp auch sehr viel Rückenwind bekommt. Nicht zuletzt auch finanziell.

Und ja es ist total faszinierend zu sehen, was alles jetzt schon auch möglich ist, mit sehr viel Organisation, einer gehörigen Portion Spontanität. Und genau das sind die Orte, die mir auch und vielen anderen Leuten Kraft geben, um uns eben wieder auch den Widerständen zu stellen und denen entgegenzustellen, die uns alle so im Alltag begleiten.

Ja und in einem Jahr Engagement Inklusion da sind wir manchmal offene Türen eingerannt und manchmal sind wir aber auch nicht um die Widerstände herumgekommen. Und einen Widerstand und eine Sache, die mich sehr viel Kraft gekostet hat, war, dass mir häufig sehr oft die gleichen Fragen gestellt wurden und ich manchmal wieder bei A anfangen musste.

Ein Beispiel nur: Die Frage, wie weit sind wir denn mit der Inklusion in Deutschland und da muss ich leider sagen, solange „behindert“ auf dem Schulhof und im Deutschrap immer noch als Beleidigung gesagt wird, bleibt die deutsche Sprachkultur ausgrenzend und abelistisch. Und das ist nur eins von vielen Beispielen. Und dass Menschen mit Behinderung leider noch nicht gleichwertig behandelt werden sieht man zum Beispiel auch an den Werkstätten für Menschen mit Behinderung, wo Menschen für sehr wenig Geld arbeiten. Das Ding ist, bestimmte Unternehmen verdienen ein kleines bisschen mehr Geld, weil sie dort lieber billiger produzieren lassen, statt Menschen in faire Arbeitsverhältnisse zu inkludieren und dadurch echte Inklusion am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Echt? Was soll das denn? Wir haben den Mindestlohn erkämpft, aber den Mindestlohn für wen? Soll der denn etwa nicht für Menschen mit Bindung in Werkstätten gelten? Ich finde das ist selbstverständlich, dass natürlich alle Menschen einen Mindestlohn verdient haben.

Aber Inklusion betrifft natürlich nicht nur Menschen mit Behinderung in Deutschland, sondern unterschiedliche marginalisierte Gruppen in Europa und auf der Welt. Und eine Frage, die mir auch häufig gestellt wird ist, wie inklusiv ist eigentlich Europa und auch da habe ich ein paar Probleme noch. Denn Europa rüstet seine Grenzen auf und verteidigt diese auch leider mit Gewalt und das Wort Grenze steckt im Wort Ausgrenzung. Ja und wer abschiebt, weil Abschiebungen leider zu Normalität aktuell gehören, der arbeitet für die Exklusion. Für die Ausgrenzung und für die Abschottung und gegen Inklusion und solange all das passiert, ist die Idee einer inklusiven europäischen Gesellschaft leider noch ein schönes Versprechen. Das wir aber unbedingt und auch sofort einlösen sollten.

Ja und wenn ich auf diese ganzen Verhältnisse drauf schaue, habe ich zwei Perspektiven, mit denen ich das sehe. Einmal die Vogelperspektive. Dort sehe ich die Abschottung Europas. Ich sehe die Ausgrenzung, den Rassismus, den Ableismuss und das häufig unsichtbare Unglück vieler Menschen. Und wenn ich mit der Lupe drauf schaue, dann sehe ich, dass Menschen mit Behinderung in Werkstätten leider immer noch ausgebeutet werden und Unternehmen davon ein kleines bisschen auch profitieren. Lieber das, als tatsächlich Inklusion zu leben. Ich sehe aber auch wenn ich mit der Lupe schaue, das Dozenten*innen in an meiner Universität nicht einmal wissen, dass Menschen mit Behinderung überhaupt studieren können und deswegen gar nicht wissen, wie man sie unterstützen kann. Ja von Nah und von Fern sehe ich das, sehe ich das immer wieder von Menschen Unglück hervorgebracht wird. Ich sehe von allen Seiten, dass von Menschen gemachte Unglück und dann ein kleines Zitat von meiner Lieblingsband: „Doch es spricht sich herum, dass das Unglück nicht entsteht wie der Regen, sondern von all jenen gemacht wird, die einen Vorteil davon haben.“. Und alles was von Menschen gemacht wird, kann auch von Menschen wieder abgeschafft werden und genau hier sind wir alle gefragt. Das abzuschaffen und uns von dem zu lösen, was immer und immer wieder die Diskriminierung hervorbringt und immer wieder uns unglücklich macht, aber auch eine inklusive Gesellschaft aufzubauen und Netzwerke zu knüpfen, in denen wir uns unterstützen können, wenn wir uns für Inklusion einsetzen und da frage ich euch: Warum leben wir denn nicht schon längst in einer inklusiven Gesellschaft? Was hält uns denn davon ab und wo beginnt denn eigentlich Inklusion überhaupt und ich sage Inklusion beginnt an den Orten, wo ich mich nicht alleine durchs Leben kämpfen muss! wo ich einfach sage, niemand muss Einzelkämpfer*in sein!

Wenn wir uns gegenseitig unterstützen und wenn wir uns auch zusammenschließen. Inklusion beginnt auch an den Orten, wo ich nicht nur dann erfolgreich bin, wenn ich etwas komplett alleine geschafft habe ohne die Hilfe durch andere Menschen. Denn es geht doch vielmehr darum, auch im Engagement gemeinsame Erfolge zu feiern, aber auch die Rückschläge gemeinsam zu verkraften. Ja und das Engagement, das wird doch auch nicht dadurch inklusiver wenn ich mich alleine für irgendwas einsetze, sondern es wird eher dann inklusiver, wenn das, was ich gut kann, sich ergänzt mit dem, was du gut kannst und ja, wenn ich mich nicht alleine durch das Leben schlagen muss, sondern wenn du und ich in Unterstützungsnetzwerk knüpfen und wir dadurch zusammen etwas erreichen können und genau da sehe ich auch das Engagement von Markus.

Markus sagt selbst, sein Engagement und seine Projekte leben von den sehr unterschiedlichen Fähigkeiten, von vielen vielen Menschen. Es geht nicht um den wirtschaftlichen Wert des Engagements. Es geht auch nicht um den Profit, sondern es geht um den Nutzen für die Gesellschaft. Und mit Gesellschaft da sind wir alle gemeint. Es geht darum, dass Engagement zugänglicher für alle zu gestalten. Es geht auch darum, dass wir noch mehr Menschen für das Engagement von Markus und seinen Engagierten und seinen Netzwerken begeistern können. Denn was Markus ganz besonderes schafft ist, einfach auch komplizierte Robotertechnik zugänglich und unterhaltsam zu gestalten, so dass einfach mehr Leute, mehr Menschen einen Zugang bekommen zu technischen Wissen und auch dann letztendlich zu technischen Berufen. Deswegen denke ich, die gemachten Erfahrungen und die gedachten Ideen aus einem Jahr Engagement Inklusion sind bei Markus in guten Händen und ich möchte noch ein paar abschließende Worte mitgeben und noch ein paar Ideen zum Thema was Kooperation, Engagement und Inklusion auch für mich bedeuten.

Es kommt nicht darauf an, was du bist und kannst und überhaupt erreichst, wenn du ganz alleine bleibst, weil wir alle in Abhängigkeiten Leben, in Netzwerken unterstützen. Und wenn Unterstützungsnetzwerke fehlen, wir sie einfach knüpfen, weil wir alle unterschiedlich fähig sind. Manchmal Angst vor einem Pflaster haben, weil es uns den Ort der Wunde zeigt. In einer mixed-abled Community trägst du Narben ohne Fragen nach ihrer Herkunft. Kannst du ein Pflaster tragen, ohne dich für die Wunden zu schämen und wenn du einmal allein nicht weiterweißt, weißt du das noch eines bleibt, kollektive Handlungsfähigkeit. Stolz sein auf Verletzlichkeit heißt Differenz und Gleichwertigkeit. Auch wenn wir noch nicht ganz begreifen, was diese starken Worte heißen, Differenz und Gleichwertigkeit stehen nicht im Widerstreit.

Kontakt Philipp Hill