Drei Frauen vor einer Logowand. Die Frau in der Mitte hält eine Urkunde vor sich.
Engagement-Botschafterin „Migration und Engagement

„Wir sind inzwischen ein wachsendes Bündnis zahlreicher Initiativen, Personen und Institutionen, neuankommende und einheimische Menschen. Uns verbindet das gemeinsame Ziel, der Herausforderung weltweiter Migration mit Menschlichkeit und Sachverstand zu begegnen.“

Heike-Melba Fendel, Gründerin von „Wir machen das” – Ein Bündnins von Neuankommenden und Einheimischen, Köln/Berlin

„Wir machen das” ist ein Bündnis von Neuankommenden und Einheimischen. Es steht dafür ein, die Rechte und Bedürfnisse der geflohenen Menschen zu berücksichtigen und diese Rechte dauerhaft in einen gemeinsamen Alltag zu führen. „Diese Bereitschaft endet nicht, wenn wir mit Problemen konfrontiert werden“, sagt sie.

Ein arabisches Sprichwort besagt, dass ein Mensch vierzig Tage an einem Ort leben muss, um dazuzugehören. „Verabschieden wir uns von einer Vorstellung von Heimat, die mit Geburts- und Herkunftsort verbunden ist“, so Fendel weiter. „Freunden wir uns mit einem Konzept von Zugehörigkeit an, das der globalisierten Welt entspricht. Und tun wir dies im Sinne von Hannah Arendts 'pólis': als Raum, der entsteht, wo immer sich Menschen verbünden, um gemeinsam zu sprechen und zu handeln.”

„Wir machen das” ist gleichzeitig Plattform für Aktionen anderer Engagierter und verwirklicht selbst Projekte. Wichtig ist, dass jede und jeder Engagierte sich auf der Grundlage seiner individuellen Vorstellungen, Kapazitäten und Fähigkeiten einbringen kann.

Götz Peter Kaiser im Interview

Engagement macht stark!: Ganz konkret bitte: Wie ist die Idee entstanden, einen jungen Geflüchteten als Praktikanten in Ihr Architekturbüro aufzunehmen?

Götz Peter Kaiser: Veranlasst durch eine Notiz in der Tageszeitung über die Einrichtung einer Abteilung des Jobcenters Brandenburg zur Vermittlung von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt habe ich mit meiner Frau zusammen überlegt, dass wir uns auf diesem Weg engagieren wollen. Sie ist Geschäftsführerin einer von einer Elterninitiative getragenen KiTa- und Horteinrichtung mit 55 Plätzen in Kleinmachnow und beschäftigt jetzt einen Geflüchteten als Küchenhilfe, und wir haben für unser Büro einen Praktikanten (ab dem 01.09.2016 beginnt er eine Ausbildung zum Bauzeichner in meinem Büro) vermittelt bekommen.

Engagement macht stark!: Wie antworten Sie auf die Vorhaltung, das sei ja hoffnungslos gutmenschlich und kaum ein Tropfen auf den heißen Stein?

Götz Peter Kaiser: Hoffnungslos ist es bestimmt nicht, auch nur einem jungen Menschen die Chance zur Integration in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Es müssten sich nur viel mehr Nachahmer finden! Wenn ich jetzt lese, das von den 30 DAX-Konzernen in Deutschland insgesamt (!) 50 Ausbildungsplätze- davon allein 48 bei der Telekom – nur mit Flüchtlingen besetzt wurden, finde ich das ziemlich beschämend wenig.

Engagement macht stark!: Welches wäre die wichtigste politische Maßnahme im Sinne Ihres Engagements?

Götz Peter Kaiser: Den Geflüchteten eine schnelle und eindeutige perspektive hinsichtlich Ihrer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu geben.
Und auf der anderen Seite auch ganz klar öffentlich zu sagen, das natürlich nur ein Teil der nach Deutschland Geflüchteten hier ihre Zukunft sucht. Sehr viele – meine Schätzung liegt bei mindestens 50–60 % – wollen sobald es möglich ist in ihre Heimat zurück, dort haben sie teileweise noch Familienangehörige, Besitz, eigene Existenzen, die wieder aufgebaut werden können. Ein öffentliches Gespräch darüber würde nach meiner Einschätzung die Diskussion über Integration wesentlich entschärfen, weil es eben eigentlich viel weniger Menschen sind, die tatsächlich auf Dauer hier bleiben wollen.

Engagement macht stark!: Können Sie abschätzen, ob Ihr Beispiel in Ihrem Umfeld Schule macht?

Götz  Peter Kaiser: Viel zu wenig, lediglich von einem Kollegen weiß ich, dass er eine Architektin aus Aleppo / Syrien eingestellt hat. Für unsere Berufskammer ist Ausbildung leider nach wie vor ein Fremdwort. Man gewinnt den Eindruck, dass viele lieber lautstark über die großen Probleme der Integration diskutieren als einfach anzupacken. Gerade in meinem Berufsumfeld sollten auch fehlende Deutschkenntnisse kein unüberwindliches Hindernis seien, solange Fachkenntnisse, englisch und der Wille zum Lernen und Lehren vorhanden sind.